Vom Warenkorb ins Wohnzimmer

Individuelle Möbel online konfigurieren und bestellen liegt heute voll im Trend. Um dem Endverbraucher ein entspanntes Kauferlebnis zu bieten, ist die umfassende Digitalisierung und Automatisierung des gesamten Prozesses von der Dateneingabe im heimischen PC oder Tablet über die Fertigung des Möbels bis hin zur Warenauslieferung erforderlich.

Individuelle Möbel online konfigurieren und bestellen liegt heute voll im Trend. Um dem Endverbraucher ein entspanntes Kauferlebnis zu bieten, ist die umfassende Digitalisierung und Automatisierung des gesamten Prozesses von der Dateneingabe im heimischen PC oder Tablet über die Fertigung des Möbels bis hin zur Warenauslieferung erforderlich.

Die Zeit der jährlich erscheinenden Möbelkataloge gehört seit langem der Vergangenheit an. Durch die digitalen Möglichkeiten wandelt sich der Markt und damit das Angebot schnell. Individuelle Möbel sind gefragt. Im Idealfall vom Endverbraucher über einen Onlinekonfigurator selbst gestaltet und innerhalb weniger Tage geliefert. Doch was für den Endverbraucher eine Sache von wenigen Klicks ist, erweist sich tatsächlich als äußerst komplexer Prozess. Gefordert sind ein hoher Digitalisierungsgrad und das optimale Zusammenspiel aller beteiligten Systeme und Organisationen sowie exzellente Prozess-, Bauteil- und Fertigungsdaten.

AUS KUNDENDATEN WERDEN PRODUKTIONSDATEN


Alles beginnt mit dem Online-Konfigurator auf der Webseite des Möbelhändlers oder -herstellers. Er gibt die Gestaltungsmöglichkeiten für das jeweilige Möbelstück und die wählbaren Optionen vor. Dazu zählen neben den Mindest- und Maximalabmessungen auch die Anzahl und Größe der Schubladen, die Ausführung der Türen (Schwing-, Dreh- oder Schiebetür, mit Glas oder ohne etc.) sowie verfügbare Griffe und Dekore und vieles mehr. Dabei muss der Konfigurator so einfach gestaltet sein, dass der Kunde ihn intuitiv nutzen kann und Spaß an der Sache hat. Gleichzeitig muss er ebenfalls alle Daten liefern, die für die spätere Produktion gebraucht werden.

„Sämtliche der oben genannten Daten sowie eine Preisfindung müssen im System hinterlegt werden“, erklärt Ingo Bathe, Director International Sales bei der imos AG.

Sein Unternehmen entwickelt genau das: einen Browser basierten Onlineshop mit Bezahlsystem, Warenkorb und responsivem Design, mit dem der Kunde zum Gestalter seiner Möbel wird. Neben der Preisfindung hinterlegt imos auch einen Automatismus, der die vom Kunden erstellten Produktdaten in CAD/CAM-Daten für die Fertigung umwandelt. Diese Umwandlung übernehmen KI-Bots bzw. Softwareroboter. Gleichzeitig reichern sie die Prozessdaten mit Informationen an und leiten sie an das ERP-System (ERP = Enterprise Resource Planning) des Möbelfabrikanten weiter.

„Der Kunde erstellt also mit seinem Einkauf automatisch die Produktionsdaten“, so Bathe.

INTELLIGENTE, NORMIERTE SCHNITTSTELLEN SIND GRUNDLAGE FÜR OPTIMALE PRODUKTION


Das zentrale, in der Regel modular aufgebaute ERP-System plant die Ressourcen des Unternehmens, wickelt Aufträge und kaufmännische Prozesse ab und verarbeitet und speichert sämtliche Daten in einer zentralen Datenbank. Zugleich liefert es dem nachgeschalteten MES (Manufacturing Execution System = Produktionsleitsystem) alle Daten, die dieses benötigt, um in Echtzeit die erforderlichen Produktionskapazitäten zu berechnen und die Fertigungsanlagen gleichmäßig auszulasten.

„Wenn der vom Kunden konfigurierte Schrank durch das ERP-System des Kunden gelaufen ist, kommen wir mit unserer Software ins Spiel“, wirft Christian Blaschka, Managing Director der dmaic software GmbH & Co. KG, ein. dmaic liefert die Schnittstelle zwischen dem ERP-System und dem MES und sorgt auf diese Weise dafür, dass das Möbelstück möglichst optimal produziert werden kann. Dazu importiert die Software die vom ERP-System freigegebenen Schrankdaten – dazu zählen Kundenaufträge, Arbeitspläne, CAD/CAM-Daten, Daten zur Bauteileidentifizierung etc. – in das MES. „Gleichzeitig erstellen und speichern wir digitale Zwillinge des gesamten Möbels, seiner Baugruppen (Schubladen, Türen, Korpus ect.) und der Einzelteile“, erklärt Blaschka. Darüber hinaus generiert die dmaic-Software aus den Daten die Produktionsprogramme für Durchlaufmaschinen und stellt Stationärmaschinen die CAD/CAM-Daten zur Verfügung.

Anhand des digitalen Zwillings und aller im MES hinterlegten Produktionsdaten erfolgt die Produktionsplanung des Möbels via Rückwärtsterminierung. „Nicht jedes Schrankteil benötigt gleich viel Arbeitsschritte bzw. Fertigungszeit. Eine Rückwand läuft beispielsweise viel schneller durch als eine Tür mit Ausschnitt für eine Glasschreibe. Das wird bei der Planung berücksichtigt“, erklärt Christina Blaschka. Ein Track&Trace-Modul erfasst dann, wann sich welches Teil zu welcher Zeit an welchem Ort in der Produktion befindet. Auf diese Weise können beispielsweise fehlerhafte Teile aus dem Prozess ausgeschleust, nachbearbeitet und dann wieder an der passenden Stelle in den Prozess eingeschleust werden. Gleichzeitig bietet das Software-Modul dem Werker einen Überblick über den Fertigungsfortschritt und Fehlteillisten. 
 

QUALITATIV HOCHWERTIGE DATEN UND PRÄZISE BESCHRIEBENE ABLÄUFE


„Im Idealfall läuft die komplette Datenerfassung und -umwandlung in Produktionsdaten vollautomatisch, ohne dass ein Mitarbeiter eingreifen muss. Vorausgesetzt, in den Systemen sind qualitativ hochwertige Daten und präzise beschriebene Abläufe hinterlegt“, meint Andreas Dahlmeier, Senior Consultant bei IMA Schelling Consulting und ergänzt: „Das ist jedoch nicht bei jedem Kunden, mit dem wir über solche Projekte sprechen, der Fall.“

Typischerweise nutzen die Unternehmen zahlreiche unterschiedliche Softwarelösungen mit unterschiedlichen Datenständen. „Hinzu kommt“, so Dahlmeier weiter, „dass ERP-, MES- und CAD/CAM-Systeme deutlich komplexer sind als beispielsweise Excel. Daher die Ressourcenbereitstellung durch und die Zusammenarbeit mit dem Kunden bei der Prozessbeschreibung ganz wesentlich entscheidend für den Erfolg eines solchen Projekts.“

FAZIT UND AUSBLICK


Entscheidend für die Realisierung einer vollautomatischen Wertschöpfungskette vom Onlinekonfigurator bis zur Auslieferung des fertigen Möbels sind normierte Schnittstellen, ein komplettes Bild des zu fertigenden Möbels, vollständige Daten und präzise Prozessbeschreibungen. Vor allem kleineren Unternehmen empfiehlt sich ein Consultant, der bei der Optimierung der Prozesse unterstützt. Und nicht zuletzt bedingt die Konfiguration individueller Möbel über einen Onlineshop beim Hersteller eine hochflexible, vollautomatisierte Losgröße 1 Fertigung. Und wie könnte die Zukunft aussehen?

Da sind sich die Experten einig: VR- und AR-Technologien werden in allen Bereichen zunehmend genutzt und die Anforderungen der Kunden an Schnelligkeit und Individualität steigen weiter. Diese Ansprüche werden nur mit einem Baukasten an Standard-Software-Modulen zu bewältigen sein, der den Entwicklungsaufwand und die Implementierungszeit für neue Produkte und Prozesse verkürzt.

 

SOLUTION - DAS ZUKUNFTSMAGAZIN


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